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Talentvorsprung

Gibt es sie wirklich, die 10x-Entwickler? Und wie recruitet man sie? Eine Case-Study

Der 10x-Entwickler ist kein Mythos. 

Es gibt sie, die Top-Entwickler, die 10 Mal so produktiv sind wie durchschnittliche.

Das glauben zumindest Thomas Priglinger und Lukas Prettentaler, Gründer von 5G Systems, einem Software-Unternehmen aus Wien.  

Natürlich, viele im Software-Bereich sehen, dass Ausnahme-Entwickler viel besser sind als „normale“.  

Aber ein Unternehmen auf dieser Einsicht aufbauen, das ist etwas anderes. 

Die Idee ist simpel: Einfach nur Top-Leute anheuern. 

Die Firma sollte doch absurd produktiv sein, oder?  

„So richtig glauben will das dann doch keiner“, sagt Tom Priglinger. „Wenn Kunden bei uns um ein SW-Team anfragen und dann die Anforderungen offen legen, denke ich mir oft –

Wozu brauchen die ein Team? Das macht doch einer alleine!

Wir haben uns im Spaß schon überlegt, ob wir diesen Kunden ein Team zusammenstellen aus einem guten Entwickler und einer Handvoll Statisten. Inklusiver einer Person, die die Statisten beschäftigt, damit der Entwickler in Ruhe arbeiten kann.“  

Der beste Entwickler gewinnt

Fakt ist:  Für die Idee der hoch-produktiven Ausnahme-Talente unter den Entwicklern findet man noch viel Zustimmung. 

Dass sich daraus ein Geschäftsmodell bauen lässt, bezweifeln hingegen die meisten.

Vielleicht ist das doch alles nur eine schöne Idee, die sich in die Praxis nicht umsetzen lässt? 

Oder vielleicht auch nicht. Schauen wir auf die Resultate.

5G Systems entwickelt und betreibt Apps mit Bezahlfunktion (real-money-transactions) für die Entertainment-Industrie.  

Die Anforderungen dort sind notorisch hart: Lastspitzen, ständige Verfügbarkeit, verwöhnte Kunden, Sicherheitsrisiken, Regulierungsauflagen. 

100 mal kleiner, 8 mal schneller

#1: Die Apps von 5G sind 100 mal kleiner, 8 mal schneller und benötigen nur 8% der Server-Requests im Vergleich zu ähnlichen Apps.

#2: Während bei einem real-money-System, das mehrere Millionen Transaktionen abwickelt in der Regel 1-2 Teams beschäftigt sind, macht das bei 5G Systems 1 Entwickler – Entwicklung, Kundenbetreuung und Betrieb. Auf einer IT-Infrastruktur, die weniger als 5.000 Euro im Jahr kostet. 

#3: Die Systeme laufen seit 3 Jahren und haben eine Uptime von 100%. Nicht 99,9%, sondern 100%. Profis wissen: Die Differenz ist enorm.

#4: In 3 Jahren Betrieb mit mehreren 10.000 Usern gab es 0 (null) customer-facing Incidents, das heißt Probleme, bei denen ein User betroffen war.

#5: Die meisten Entwickler von 5G Systems arbeiten an individuellen Auftragsprojekten für Kunden. „Wir haben in 3 Jahren noch nie eine Deadline verpasst“, erzählt der CTO. Das in einer Branche, in der Verzögerungen notorisch sind. 

„Das einzig unangenehme an diesen Statistiken ist, dass irgendwann unweigerlich auch bei uns etwas schiefgehen wird und dann sind die schönen Zahlen für alle Zeiten versaut“, scherzt Priglinger.

Aber noch ist es nicht soweit. Bis dahin bleiben die Ergebnisse beeindruckend. 

Funktioniert das 10x-Modell vielleicht doch? 

Vielleicht. Aber falls ja, steht natürlich eine neue, schwierige Frage im Raum.

Die Challenge ist natürlich: Wie findet man 10x-Developer?

Wofür wechseln diese Leute Ihren Job? – Sie können sich den schließlich aussuchen. Und werden vom aktuellen Arbeitgeber vermutlich gut umsorgt.

„Wir zahlen gut, bieten Top-Equipment und ein sehr schönes zentrales Büro. Aber das bieten andere auch“, weiß Priglinger.

„Was uns abhebt ist vermutlich eben genau diese Idee: Alle Deine Kollegen sind wie Du – top-notch.“ 

Das heißt: von anderen Spitzenleuten lernen. 

Sich auf die anderen voll verlassen können. 

Nicht den Mist von anderen ausbügeln müssen. 

Viel schneller vorankommen.

Kein Management, das alle einbremst, weil sonst Fehler passieren können.

80% des klassischen Managements beschäftigt sich mit Händchenhalten von Mitarbeitern, die sonst Fehler machen könnten.

Selbstsicherer-Mann-setzt-seine-Brille-ab

Tatsächlich gibt es das klassische Management bei 5G Systems nicht. Jede einzelne Person im Unternehmen kann programmieren. Inklusive dem CEO. „Obwohl ich mit den Jungs natürlich nicht mehr mithalten kann“, lacht dieser.

 

Nun gut, das erklärt vielleicht, warum gute Leute hier arbeiten wollen – aber löst noch nicht das größere Problem: 

Wie findet man zuverlässig die Top 5% der besten Entwickler? 

Eigentlich ist es ganz simpel: Man interviewt 100 gute Entwickler und macht den 5 besten Kandidaten ein Angebot.“

Klingt vielleicht simpel. Leicht klingt das nicht.

Wie bekommt man 100 gute Entwickler ins Interview?

Indem man mit über 3.000 über das Angebot spricht.  

Hier sind die Zahlen von 4 Monaten Activ-Sourcing von 5G Systems und ihrem Recruiting-Partner Talentvorsprung.

5G-Active-Soourcing-Zahlen-4-Monate

Hier ist der breakdown der Zahlen:

  • 3647 Software-EntwicklerInnen aus Wien – vorselektiert mit den nötigen Skills und der entsprechenden Erfahrung – werden und direkt angesprochen, ob sie offen für Angebote sind.
  • 703 Interessierte haben auf die Anfrage reagiert.

Einige winken gleich ab, andere scheiden das Angebot aus diversen Gründen aus – Location, Gehalt, Tätigkeit, Industrie, Größe, Anforderungen.  

Andere scheiden aus, weil sie doch nicht die nötigen Voraussetzungen haben oder selbst zugeben, dass Ihre Fähigkeiten vermutlich gut sind, aber nicht für die Top-Liga ausreichen. 

  • 97 Erst-Interviews werden geführt. Wiederum scheidet ca. die Hälfte aus. In manchen Fällen passen die Erwartungen nicht oder die Ziele. Andere Male gibt es Zweifel, ob die Persönlichkeit zum Team oder zur Firmenkultur passt.
  • 48 Empfehlungen werden an 5G zum Interview weitergegeben.

Wieder scheiden einige aus. Beispielsweise ist der Kandidat einem Mitarbeiter bekannt, der skeptisch ist, ob der Entwickler ins Team passt. 

  • 42 Intensiv-Interviews werden durchgeführt. In 3 Runden, jede anspruchsvoller als das letzte. 

Die meisten scheiden irgendwann aus, in der Regel weil die Fähigkeiten gut sind, aber nicht ausreichen für die Ansprüche bei 5G.

  • 5 Kandidaten bleiben übrig. Diesen wird ein Angebot gemacht. 
  • 3 neue Kollegen nehmen das Angebot an. 

Resultat: von 3.000 Angesprochenen bleiben 3 übrig, die tatsächlich anfangen.  

Von 97 Interviews bekommen 5 ein Angebot. 

Warum so eine harte Auslese?

„Die allermeisten, die uns von unserem Recruiting-Partner für ein Interview empfohlen werden, sind  solide Leute. Die kriegen jederzeit einen guten Job“ , sind sich CEO und CTO bei 5G Systems einig.

„Aber wenn man die besten 5% haben will, heißt das, dass man von 100 guten Leuten eben 95 absagen muss. 

Spaß macht das nicht und oft denken wir darüber nach, ob wir vielleicht doch mal eine Ausnahme machen.

Aber das wäre unfair gegenüber allen anderen hier. Jeder, der hier arbeitet, hat sich bewiesen und darf dasselbe von allen anderen erwarten.   

Deswegen können wir hier keine Abkürzungen machen. 

Außerdem sind wir mit einer klaren Vision angetreten: Keine Kompromisse.

Und gleichzeitig ist es natürlich auch toll für alle hier, dass sie von sich sagen können, dass sie erfolgreich waren, wo 95% der anderen nicht weiter gekommen sind. 

Das haben sie sich verdient.“

 

Finden wir auch. 

 

Das Interview mit Tom Priglinger und Lukas Prettenthaler von 5G Systems führte Alex Rammlmair.