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Talentvorsprung

Warum ist es so verdammt schwer, einen passenden Programmierer zu finden?

1591 Entwicklerinnen und Entwickler aus Wien gaben in den letzten 3 Monaten an, sie wären offen für neue Job-Angebote. 

Bei der Menge müsste sich doch jemand für Ihr Unternehmen finden lassen, oder?

Vielleicht. Vielleicht auch nicht. 

Das hängt von vielem ab.  

Aber wovon genau? 

Gehen wir der Sache auf den Grund.

Es ist ein wenig wie bei Lottozahlen: 

Eine Ziffer richtig zu erraten ist nicht schwer. 

Zwei Ziffern richtig ist schon seltener. 

Sechs Ziffern richtig ist sehr unwahrscheinlich. 

Genauso ist es bei den Developern: 

Jemanden zu finden, der sich für die Technologie interessiert, die ein Unternehmen anbietet, ist nicht so schwer. 

Kommt eine zweite Technologie dazu, wird es schon schwieriger. 

Dann die Berufserfahrung. 

Der Gehaltswunsch. 

Die Sprachkenntnisse. 

Persönliche Eigenschaften. 

usw. … 

Sie sehen schon, wie beim Lotto müssen immer mehr Ziffern stimmen, und die Wahrscheinlichkeit eines perfekten Matches wird immer unwahrscheinlicher. 

Aber wie unwahrscheinlich? 

Gehen wir das an einem realen Beispiel durch: Wir nehmen unsere Datenbank und setzen ein Kriterium nach dem anderen ein – und schauen, was passiert. 

Wir starten mit Software-EntwicklerInnen in Wien, die von sich selbst in den letzten 3 Monaten angeben haben, dass sie „offen für Angebote“ sind.

Unsere Datenbank sagt (heute am 13.07.2020): davon gibt es 1591. 

Datenbank Auszug mit Filter Vienna und Open for proposition

Location: Vienna, Status: Open for Offers

Result = 1591

Datenbank 1591 Kandidaten mit Filter Vienna und Open for proposition

Das ist also unsere Ausgangsbasis. 

Auf diese wenden wir jetzt einen Filter nach dem anderen an und schauen was passiert: 

#1: Main Skill: Java

#1 : Main Skill: Java

Nehmen wir an, wir suchen Java-Entwicklerinnen.  

Wir setzen also einen ersten Filter: 

Datenbank Auszug mit Filter Main Skill Java

Location: Vienna, Status: Open for Offers,
Main Skill: Java

Result = 376

Datenbank 376 Kandidaten mit Filter Java

Neue Zahl an passenden Kandidaten: 376 

Das ist deutlich weniger, aber immer noch viel. 

Suchen wir jemanden, der sich auf eine seltenere Sprache spezialisiert, schrumpft diese Zahl deutlich. Zum Beispiel: 

Datenbank 14 Kandidaten mit Filter Main Skill Angular

Main Skill = Angular

Result = 14

Das bedeutet natürlich nicht, dass nur 15 Entwicklerinnen Angular beherrschen – aber nur 15 geben es als Ihre primäre Kompetenz an. 

Location: Vienna, Status: Open for Offers,
Main Skill: Angular

Das bedeutet natürlich nicht, dass nur 15 Entwicklerinnen Angular beherrschen – aber nur 15 geben es als Ihre primäre Kompetenz an. 

#2: Secondary Skill: Docker

#2: Secondary Skill: Docker

Einfach eine Programmiersprache zu beherrschen reicht selten aus. Meist ist  eine Technologie-Kombination gefragt. 

Wir nehmen für unser Beispiel Erfahrung mit der Container-Technologie Docker: 

Datenbank Auszug mit Filter Skill Docker

Location: Vienna, Status: Open for Offers,
Main Skill: Java, Secondary Skill: Docker

Result = 103

Datenbank 103 Kandidaten mit Filter Docker

Unsere Suche liefert eine neue Zahl an passenden Kandidaten: 103 

Damit sinkt die Zahl bereits auf 7% der ursprünglichen Kandidaten – und das ist noch eine häufige Skill-Kombination. Bei spezielleren Anforderungen bleiben noch deutlich weniger übrig: 

Datenbank 14 Kandidaten mit Filter Main Skill Angular

Main Skill = Java 
Secondary Skill = Elastic

Result = 11

In so einem Fall kommen hoffentlich keine weiteren Einschränkungen dazu. 

Was aber selten der Fall ist, wie wir gleich sehen werden. 

Location: Vienna, Status: Open for Offers,
Main Skill: Java, Secondary Skill: Elastic

In so einem Fall kommen hoffentlich keine weiteren Einschränkungen dazu. 

Was aber selten der Fall ist, wie wir gleich sehen werden. 

#3: Erfahrung: Senior

#3: Erfahrung: Senior

Von der Erfahrung hängt ab, wie schwierig die Aufgaben sein können, die man an die neue Entwicklerin überträgt; wie selbstständig diese bereits arbeitet  und natürlich auch wie viel das Unternehmen bereit ist, an Gehalt zu zahlen. 

Hier sind 4 typische Erfahrungsstufen: 

  • Einsteiger (0-6 Monate Erfahrung): Lassen sich meist leicht finden, werden aber eher selten gesucht. 
  • Junior-Entwickler (6-36 Monate): Werden immer häufiger gesucht, weil Seniors nicht zu finden oder zu teuer sind. 
  • Senior-Entwickler (3 Jahre plus): Dieses Level wird meist bevorzugt. Ab wann ein Entwickler „senior“ ist, definieren viele Unternehmen unterschiedlich. 
  • Top-Experte (spezielle Kriterien): Das kann sehr viel Berufserfahrung sein, sehr hoher Skill-Level oder Spezial-Kenntnisse. Top-Experten werden nicht so häufig gesucht; auch weil die Gehaltserwartungen meist hoch sind. 

In unserem Beispiel suchen wir einen Senior-Developer:  

Datenbank Auszug mit Filter Erfahrung Senior

Location: Vienna, Status: Open for Offers,
Main Skill: Java, Secondary Skill: Docker, Experience: Senior

Result = 81

Datenbank 81 Kandidaten mit Filter Senior

Sie sehen – die große Mehrheit der Developer sieht sich auf Senior-Level (wenig überraschend). 

#4: Deutsch-Kenntnisse: Flüssig

#4: Deutsch-Kenntnisse: Flüssig

Eine Frage, die oft für heftige Diskussionen sorgt: Wie gut müssen Entwickler Deutsch können? 

Die einen sagen: Gar nicht.  

Die anderen meinen: Ganz wichtig.   

Dass die Leute gut Deutsch können sollen, kann viele Gründe haben: Sprachbarrieren bei Kunden, Team-Mitgliedern,  Stakeholdern. Oder dass das Unternehmen den einmaligen großen Aufwand scheut, plötzlich alles in einer anderen Sprache besprechen und dokumentieren zu müssen.  

Der Schritt aus „rein Deutsch“ hinaus ist daher oft groß.  

Gibt es bereits ein Team-Mitglied, mit dem Englisch gesprochen wird, ist es für jedes weitere viel leichter. 

Die Anforderung „Sehr gutes Deutsch“ macht das Recruiting oft erheblich schwieriger, vor allem in einem Ballungsraum wie Wien. 

In unserem Beispiel bleiben wir trotzdem dabei: 

Datenbank Auszug mit Filter Sprache Fluent German

Location: Vienna, Status: Open for Offers,
Main Skill: Java, Secondary Skill: Docker, Experience: Senior, Language: Fluent German

Result: 43

Datenbank 43 Kandidaten mit Filter Fluent German

Damit verlieren wir 47% – also fast die Hälfte – gegenüber einer Suche, bei der Deutschkenntnisse optional wären. Anders gesagt: 38 Kandidatinnen hätten fachlich alle gewünschten Fähigkeiten, scheiden aber aufgrund der Deutsch-Kenntnisse aus. 

#5: Gehalt: 65.000 Euro max.

#5: Gehalt: 65.000 Euro max.

Bad News für IT-Recruiter:  

Die Entwickler sind nicht mehr die Bewerber. 

Die Unternehmen sind die Bewerber. 

Talentierte Developer können sich ihren Job heute aussuchen, oft aus einem Dutzend Angeboten.  

Die Konsequenz: Die Ansprüche steigen und damit die Gehaltsvorstellungen. 

Gleichzeitig gibt es für Unternehmen Grenzen, was sie zahlen wollen und können. 

Und manchmal gibt es zwischen den Möglichkeiten und den Erwartungen unüberbrückbare Unterschiede. 

Erweitern wir unsere Suche erneut: 

Datenbank Auszug mit Filter Salary weniger als 65.000€

Location: Vienna, Status: Open for Offers,
Main Skill: Java, Secondary Skill: Docker, Experience: Senior, Language: Fluent German, Salary ≤ 65k 

Result ~ 23

Datenbank 23 Kandidaten mit Salary weniger als 65.000€

Das heißt:  
Etwas mehr als die Hälfte sagen bei diesem Gehalt: „Sorry, zu wenig.“ 

Achtung: Diese Zahl ist nicht ganz präzise, denn nicht alle Gehaltswünsche sind uns bekannt. Wir extrapolieren für diesen Fall aus den uns bekannten Gehaltswünschen äquivalenter Profile. 

Wie stark wirkt sich das Gehalt aus?  

Würden wir in unserem Beispiel das maximale Gehalt auf 75.000 erhöhen, würden wir natürlich mehr Entwicklerinnen erreichen. Und zwar 38  statt 23, was einem Plus von 65% entspricht – also einer massiven Verbesserung bei der Menge und vermutlich auch beim Skill-Level der Kandidaten (aber natürlich heißt „teurer“ nicht immer „besser“. 

Senken wir das Gehalt hingegen auf max. 60.000 Euro, bleiben gerade noch 11 in der Auswahl – das ist weniger als die Hälfte der ursprünglichen 23 Kandidaten –56%). 

Das heißt hier ist eine sensible Stellschraube:

Mehr Gehalt bringt deutlich mehr Interessenten.
Weniger Gehalt reduziert hingegen die Zahl der Interessenten massiv. 

So, dieses Spiel könnten wir natürlich mit immer mehr Anforderungen weiter treiben. 

Fassen wir zusammen:

Von 1.591 Entwicklern und Entwicklerinnen sind wir mittlerweile bei 23. 

Das sind 1,4%. 

Andersrum: 98,6% passen nicht. 

Und dabei wollen wir noch gar keine Spezialkenntnisse oder besonderen Persönlichkeitsmerkmale. 

Hier ist der ganze Vorgang noch mal bildlich dargestellt: 

Datenbank Grafik mit sukzessive Filter und Kandidaten Anzahl
Datenbank Grafik mit sukzessive Filter und Kandidaten Anzahl

Natürlich kann man das Glas auch halb voll sehen: 

„Gut, da sind jetzt wirklich viele weggefallen.  

Aber 23 Personen, bei denen fast alles passt – das ist doch gar nicht so wenig.  

Da sollten doch 2 oder 3 für uns dabei sein.“ 

Vielleicht. Vielleicht auch nicht. 

Denn das sind Kandidaten, die ‚auf dem Papier‘ für Ihr Unternehmen passen könnten.  

Ob das wirklich so ist – und ob die Kandidatinnen das umgekehrt auch so sehen – und ob man mit den Konditionen zusammen kommt – ist eine ganze andere Sache. 

Da gibt es noch einige Hürden, bis der neue Arbeitsvertrag unterschrieben ist. 

Aber darüber schreiben wir ein anderes Mal. 

Bis dahin: Happy Recruiting. 

 

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